„Eigentlich haben Strand und Sonne auf uns gewartet“
Eigentlich sollte Oskar Strasser gar nicht hier stehen, in der Lerchenfelder Straße – und im Winter bei gefühlter Eiseskälte. Denn eigentlich wollten Oskar Strasser und sein Lebensgefährte Christoph Neuwirth vor einigen Jahren auf die vor der Nordwestküste von Afrika gelegene Insel Gran Canaria auswandern. Wo es immer warm ist. Und vielleicht ein wenig weniger stressig. Denn es waren der Stress und die Dauerbelastung, die Strasser seinen ersten Beruf in der Medienbranche aufgeben – und die Idee in ihm wachsen ließen, Österreich zu verlassen. Wie und warum es ihn dann in die Lerchenfelder Straße verschlagen hat, darüber hat er uns bei einem ziemlich stressfreien, dafür umso anregenderen Gespräch erzählt, zu dem sich immer wieder auch wunderbare Stammgäste gesellt haben.
Geboren wurde Oskar Strasser in Klosterneuburg, wo er auch aufwuchs. Lange Zeit war er als Marketingexperte beim Radio tätig, in den letzten Jahren in leitenden Funktionen. Doch dann wurde es ihm zu viel, und eine kurze, aber schwere Erkrankung stellte ihn vor die Entscheidung, seinen bisherigen Beruf aufzugeben und sein Leben neu aufzustellen. Im Laufe der Rekonvaleszenz entschieden sich Oskar und Christoph, Österreich gegen eine wärmere Umgebung auszutauschen und von Wien nach Gran Canaria zu ziehen. Es war keine leichte Entscheidung, das Haus musste geräumt, die lieb gewonnenen Möbel und über Jahre gesammelten Dekorationen verkauft werden, dafür warteten aber „Strand und Sonne“ auf das sympathische und kreative Paar.
Doch knapp vor dem endgültigen Umzug erkrankten beide Elternteile des erfahrenen PR-Mannes schwer, sein Freund hatte einen Lungenriss, und wieder stand eine weitreichende Entscheidung vor der Tür des leer geräumten Eigenheims – dessen Käufer zu guter Letzt auch noch aus persönlichen Gründen vom Kaufangebot zurücktrat. „Wir standen da mit den letzten gepackten Bananenkisten, doch all diese ,Zeichen‘ – und als solche haben wir sie deutlich wahrgenommen – haben wir uns gesagt, dass wir bleiben sollen.“ Mit dem „finanziellen Polster“, der durch den Verkauf der teils überaus wertvollen Einrichtungsobjekte entstanden waren, entschieden sich die beiden leidenschaftlichen Sammler, statt einer Reise in fremde Länder eine Reise in unternehmerisches Neuland zu unternehmen und einen Handelsbetrieb für Schönes und Besonderes zu eröffnen. „Die Idee ist wirklich entstanden, weil wir in einem leeren Haus standen, dass wir von null an wieder einrichten mussten“, erinnert sich Strasser an die Situation vor acht Jahren. „Wir hatten, als wir die Sachen verkauft haben, um auszuziehen, gemerkt, dass uns das großen Spaß macht“, ergänzt Christoph, und so entstand aus der Freude am Auswählen schöner und ungewöhnlicher Objekte eine klassische „Businessidee“, für die der erfahrene Marketingexperte Strasser auch sofort die wichtigsten folgenden Schritte festlegte.
Vom Onlineshop ins Wunderland
Der erste Schritt war der Aufbau eines Onlineshops – und eigentlich sollte es, erinnert sich Christoph Neuwirth, auch so bleiben. Doch schon bald begann Oskar Strasser sich auch nach einem Geschäftslokal umzuschauen, das klein genug war, um finanziell auch langfristig nicht zu sehr zu belasten, und doch zentral genug, um als Warenlager in der Stadt zu funktionieren. „Wir haben in ganz Wien geschaut, was es so gibt“, weiß Neuwirth noch, „und das hier hat von den Parametern her sofort am besten gepasst.“ Kurz zuvor war hier noch eine kleine, feine Boutique für edle Designermode gewesen, und so strahlte das leerstehende 20-Quadratmeter-Geschäft genau jenen Charme aus, nach dem die beiden gesucht hatten. „Wo lange eine Modedesignerin war, da muss auch unser Angebot gehen, das war mein Gedanke“, verrät Oskar Strasser über eine seiner damaligen Entscheidungshilfen. Und dass die ursprüngliche Idee war, „dass wir vor allem das Schaufenster als kreativen ,Showroom‘ nutzen, dahinter sich das Lager befindet und wir einmal pro Woche nach Wien kommen, um die Ware, die von Wiener Käufer:innen bestellt wird, abzuholen und auszuliefern.“ Denn schon mit der Idee des Onlineshops war klar, dass der persönliche Kontakt zu den Stärken von „Pomp & Gloria“ zählt.
Im November 2016 zogen Oskar und Christopher mit ihrer Ware in den winzigen – und gar nicht warmen – Laden ein und begannen, ihre Sammlung an kleinen, feinen, alten und neuen „Wunderland-Dingen“ für den bereits begonnenen Onlineverkauf auszupacken. Doch bereits während der Adaptierungsarbeiten der neuen Räume „klopften die erste Leute bei uns an“, berichtet Strasser über die herzliche Aufnahme des neuen Unternehmens im Lerchenfeld. Wobei, ergänzt Neuwirth, „die meisten gekommen sind, um uns Glück zu wünschen. Damals hat es geheißen, dass hier die Unternehmen aufsperren – und nach kurzer Zeit wieder weggehen.“ In wenigen Wochen sind es im Falle von Pomp & Gloria sechs Jahre, dass das Geschäft dann doch seine Türen öffnete – und vorerst wirklich nur als „Probelauf“ während der „heißen“ Einkaufswochen in der Vorweihnachtszeit. „Zuerst war alles noch sehr spartanisch“, erinnert sich Strasser über diese ersten, ereignisreichen Wochen. Es sollte ja immer noch „Lager“ bleiben, im neuen Jahr – doch dann kam ein Medienbericht nach dem anderen, und so wurde aus dem Pop-up-Store eine feste Einrichtung auf der Lerchenfelder Straße, die bis heute zu den „Hot Spots“ des Grätzels zählt.
Die Mischung macht es aus
Das kleine Lokal in der Lerchenfelder Straße 92 ist eine ebenso überraschungsreiche wie bemerkenswert dicht bestücke Wohlfühloase mitten im hektischen Getriebe der Großstadt. Hier kann man von kleinen Möbelstücken über Wohnaccessoires, Pölster und Dekorationen bis hin zu den sonderbarsten Figuren – wie einen „tauchenden Affen“ als Deckenlampe oder einen goldenen Hasen als Tischlampe – so ziemlich alles entdecken, das man für sich oder als ganz spezielles Geschenk gesucht hat. Oder von dem man gar nicht wusste, dass es existiert.
„Früher war das Angebot bei uns ganz bewusst: zur Hälfte alte Dinge, zur anderen Neuware. Aber es hat sich bald herausgestellt, dass alte Objekte besser im Onlineshop gehen und die wunderbaren Dinge, die wir neu anbieten, vor allem direkt hier im Lerchenfelder Shop gehen“, weiß Strasser, dessen Mutter selbst ein Antiquitätengeschäft führte und ihren Sohn so von klein auf in die Kunst des qualitätvollen Handelns einführte. Doch die „Designerstücke im alten Stil“, mit denen Strasser heute vor allem handelt, bedeuteten auch für ihn berufliches Neuland. Eine Ausnahme bildet dabei der historische Christbaumschmuck – der geht da wie dort und hat sich zu einem veritablen „Renner“ entwickelt. „Unser Hauptberuf ist das Suchen“, erläutert Strasser die intensive Arbeit, die sich hinter dem Wunderland Pomp & Gloria verbirgt. „Wir haben heute zahlreiche Händler, mit denen wir arbeiten, und das wirklich weltweit. Aber wir kaufen nie im großen Stil, sondern immer sehr bewusst und in kleinen Mengen, um das Besondere der Dinge, die wir anbieten, zu erhalten.“ So kommen die Katzenuhren aus den USA, wo sie Kultstatus haben, und ein Teil des historischen Christbaumschmucks geht auf Modelle aus dem 16. Jahrhundert zurück.
„Es sind sich letztendlich immer die Kund:innen, die zu einem passen.“
Oskar Strasser
Eine bunte Wohlfühloase
Einer der Gründe, warum Pomp & Gloria von Beginn an so gut angenommen wurde, ist sicher, meinen Oskar wie Christoph, dass die beiden eben nicht primär „verkaufen“ wollen. Die Dinge, die es hier gibt, kommen von Herzen und könnten auch im alten neuen Haus der beiden stehen. Die ersten Monate waren aber auch „bunt“: So gab es Probleme mit neuen Händlern und sogar einen Ladendiebstahl, bei dem sich Neuwirth schließlich beherzt sogar einem Gespräch mit dem Dieb stellte. Heute ist der winzige Laden „so etwas wie unser Zuhause“, freut sich Strasser ehrlich. „Wir haben unsere Stammkundinnen, die jede Woche kommen und die zu persönlichen Freundinnen geworden sind. Und das von jung bis alt.“ Keine „drei Schritte“, etwa zu einem der Bäcker, die sich hier wieder vermehrt finden lassen, und schon kommen die beiden ins Gespräch mit Nachbarinnen, anderen Unternehmer:innen und Kund:innen. „Es ist ein echtes Geben und Nehmen zwischen allen hier“, freut sich Strasser über das rege Community-Leben im Grätzel. Er weiß aber auch, dass ein Großteil seiner Kund:innen nicht unbedingt aus der direkten Umgebung kommt, sondern viele seiner Käufer:innen über den Onlineshop zu ihm gefunden haben und sogar oft weite Reisen durch ganz Österreich auf sich nehmen, um hier durch die dekorativen Kleinode zu stöbern und sich dabei ins anregend-amikale Gespräch zu vertiefen. „Ich glaube, dass man heute seine Zielgruppe sehr bewusst auswählen muss“, weiß der Medien- und Marketingexperte mit bald zehnjähriger Geschäftserfahrung im Lerchenfeld, „und dass man sie sehr gezielt ansprechen muss. Wir leben vom gezielten Social-Media-Marketing und von den zahlreichen Berichten über uns“, erläutert Strasser weiter, und Neuwirth ergänzt: „und von unserem Stammkund:innen!“ Und hie und da kommt sogar ein Star in den Laden, den – wie im Falle von Songcontest-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut* – die beiden dann nicht erkennen, aber umso freundlich in ihrem Lerchenfelder Wunderland begrüßen.
„Unser Motto lautet: Lebe einzigartig!“
Oskar Strasser
Persönlichen Einsatz und viel Ausdauer
Einen großen Rückschlag bedeutete, wie für so viele Unternehmer:innen, der plötzliche Einbruch der Coronapandemie. Doch auch diesen haben Christoph und Oskar mit unglaublichem Einsatz und liebevollen Werbeideen überstanden. Ihre Kund:innen haben es ihnen gedankt – und kommen seit der Wiedereröffnung ebenso gerne und oft wieder.
„Was ich mir wünsche?“, wiederholt Oskar Strasser am Ende meines Besuchs meine Frage nach dem, was es braucht, um die Qualitäten der Straße und ihrer Unternehmer:innen noch bekannter zu machen: „Dass wir alle hier viel mehr zusammenarbeiten und dass wir mehr gemeinsame Projekte realisieren! Jedes Unternehmen in der Straße hat eine wunderbare Geschichte zu erzählen, und diese Geschichten sollten auch breiter bekannt werden.“
Pomp & Gloria
Oskar Strasser & Christoph Neuwirth
Lerchenfelder Straße 92,
1080 Wien
Öffnungszeiten: Mi.–Fr., 11–18 Uhr; Sa. 11–14 Uhr
www.pompundgloria.at
www.instagram.com/pompundgloria/?hl=d
* Zum Besuch von Lena Meyer-Landrut siehe www.krone.at/1951152.